Netzpolitik im SPD-Regierungsprogramm 2013

Veröffentlicht am 12.03.2013 in Service

Ein kurzer Überblick über die netzpolitisch relevanten Inhalte im SPD-Regierungsprogramm-Entwurf (PDF) - ohne Garantie auf Vollständigkeit.

Schnelles Internet für alle

Deutschland braucht darüber hinaus schnelles Internet – für alle und überall. Wir wollen deshalb rasch eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen. Darüber hinaus werden wir den weiteren Ausbau des Hochgeschwindigkeitsdatennetzes vorantreiben. (S. 30)

Netzpolitik ist Gesellschafts- und Zukunftspolitik

Netzpolitik ist für uns Gesellschafts- und Zukunftspolitik und ein Instrument der Gestaltung für die digitale Welt. Sie gehört in die Mitte der politischen Debatte. Uns ist zu allererst der Zugang zum Internet als demokratisches Bürgerrecht wichtig. Wir brauchen dafür die Stärkung der Bürgerrechte durch wirksamen Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Eine flächendeckende Breitbandversorgung auch in ländlichen Räumen wollen wir durch eine Universaldienstverpflichtung gesetzlich absichern. Wir brauchen den dynamischen Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Dabei setzen wir auf zusätzliche private Investitionen, für die wir die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen werden. Wir werden die Netzneutralität gesetzlich verankern. Wir wollen dafür sorgen, dass in öffentlichen Räumen ein Zugang zum WLAN ermöglicht wird. Wir wollen überdies mehr Transparenz staatlichen Wissens durch Open-Data-Projekte, soziale Sicherheit in der digitalen Arbeitswelt und das Nutzen emanzipatorischer Freiräume durch digitale Arbeit auch für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und schließlich das Nutzen der Chancen der digitalen Gesellschaft für eine Revitalisierung der Demokratie. (S. 54)

Modernisierung des Urheberrechts

Die Veränderung unserer Gesellschaft durch das Internet darf allerdings nicht dazu führen, den Schutz von individuellen Rechten zu relativieren. Auch in der digitalen Welt müssen Urheber einen wirtschaftlichen Ertrag aus der Nutzung ihrer Werke ziehen können. Wir setzen uns deshalb für eine Modernisierung des Urheberrechts ein, das Kreative, Urheber und ihre Partner stärkt und das Recht mit neuen digitalen Nutzungspraktiken in Einklang bringt. Die Verbindung zwischen Urheber und Werk ist dabei unverbrüchlich und darf nicht in Frage gestellt werden. (S. 54)

Schutz des geistigen Eigentums

Das geistige Eigentum ist der Rohstoff der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die unverbrüchliche Verbindung zwischen Urheber und Werk darf nicht relativiert werden. Der Schutz des geistigen Eigentums ist für die SPD deshalb essentiell. Dennoch ist eine Modernisierung des Urheberrechts notwendig, um Kreative und Urheber in der digitalen Ökonomie zu stärken und die Rahmenbedingungen neuer digitaler Nutzungspraktiken urheberrechtlich verbindlich zu klären. Unser Ziel ist es, einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sicherzustellen, der die kulturellen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Kultur- und Kreativwirtschaft gewährleistet. (S. 54)

Wir wollen Geschäftsmodelle fördern, die eine legale Nutzung geschützter Inhalte rechtssicher ermöglichen. Dazu müssen wir die Erprobung neuer Geschäftsmodelle auch rechtlich ermöglichen, z.B. durch eine vereinfachte Lizenzierung. (S. 54)

Presseverleger brauchen eine gesetzliche Regelung, die ihnen die Verfügungsgewalt über ihre Produkte im Netz sichert und ermöglicht, die unbefugte Verwendung ihrer Artikel durch Dritte (z.B. durch Aggregatoren oder Harvester) zu unterbinden. (S. 54)

Wir wollen die Position des Urhebers stärken. Dazu müssen die im Urhebervertragsrecht vorgesehenen Verhandlungs- bzw. Konfliktlösungsmechanismen effizienter ausgestaltet und ggf. um wirksame Kontroll- und Sanktionsinstrumente ergänzt werden. (S. 54-55)

Grundrechte verteidigen

Wir wollen insbesondere gewerbsmäßig betriebene Urheberrechtsverletzungen konsequent unterbinden. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Inhaltefilterung des Datenstroms, keiner Internetsperren und auch keiner Androhung einer individuellen Sperrung des Internetzugangs. Derartig weitreichende Eingriffe in Grundrechte lehnen wir ab. Wir werden vielmehr gegen die illegalen Plattformen vorgehen, auf denen 90% aller Rechtsverletzungen stattfinden. Wir werden verhindern, dass sich diese Angebote künftig weiterhin auf allgemeine Haftungsprivilegien berufen können. Wir werden ihre Finanzierung unterbinden, indem wir ihre Kooperation mit Werbetreibenden und Zahlungsdienstleistern sanktionieren. (S. 55)

Medienkompetenz

Insgesamt gilt es, dem Nutzer eine echte Orientierung über Freiheiten und Grenzen zu geben, die nach unserer Überzeugung wichtig für das soziale Miteinander im Netz ist. Medienkompetenz im Internet soll die Möglichkeiten von Nutzern und Anbietern maximieren und Teilhabe und Bildungschancen, aber auch Kritikfähigkeit und Verantwortlichkeit ausbilden. Verantwortliches, solidarisches und nachhaltiges Handeln prägt sich nicht zwangsläufig von selbst aus. (S. 55)

Bildung und Wissenschaft

Wir wollen ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht. Wissenschaftliche Autorinnen und Autoren müssen ihre Beiträge neben der Verlagspublikation z.B. auf den Seiten der Hochschule zugänglich machen können Wir treten außerdem für eine Überprüfung der Bildungs- und Wissenschaftsschranken ein, um die dauerhafte Intranetnutzung in Schulen und Hochschulen zu ermöglichen. Um das kulturelle Erbe auch in Zukunft zu erhalten, muss die Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke ermöglicht werden. (S. 55)

Es ist abzusehen, dass wir mittel- und langfristig internationale und europäische Lösungen finden und zur Anwendung bringen müssen. Dies ist eine komplexe und langfristige Herausforderung, der wir uns jedoch stellen müssen, um sie mit unseren bundesdeutschen Wertvorstellungen zu prägen. Denn am Ende steht die Vision eines gerechten und sozialen Raumes, die nur dann Wirklichkeit werden kann, wenn sich ein wesentlicher Teil der Gesellschaft auf einheitliche Regeln einigt und damit einen gesellschaftlichen Konsens abbildet. (S. 55)

Partei der Arbeit

Die SPD ist die Partei der Arbeit – auch der kreativen Arbeit. Wir haben vor gut dreißig Jahren die Künstlersozialversicherung auf den Weg gebracht. Wir stehen zu diesem Sondersystem der gesetzlichen Sozialversicherung, weil Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten nach wie vor besonders schutzbedürftig sind. Die solidarische Finanzierung der Künstlersozialversicherung durch Künstler und Unternehmen ist für die SPD nicht verhandelbar. Die SPD sieht darüber hinaus die Notwendigkeit einer besseren Absicherung von prekärer Selbständigkeit, von der besonders viele in der Kulturwirtschaft Tätige betroffen sind. (S. 55)

Presse und Medien

Unabhängige und vielfältige Medien sind ein Grundpfeiler für eine lebendige Demokratie und somit unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags. Sie bieten Information, Kommunikation, sichern politische Teilhabe und Zugang zu Wissen. Die Medienwelt befindet sich in einem grundlegenden Wandel, ausgelöst durch Digitalisierung und wirtschaftliche Veränderungen. Um diesem Wandel zu begegnen, wollen wir in enger Abstimmung mit den dafür in erster Linie verantwortlichen Bundesländern Maßnahmen zur Fortentwicklung der Medienordnung der digitalen Gesellschaft, der verfassungsrechtlich garantierten Bestands- und Weiterentwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Medienangebotes und zum Erhalt der Vielfalt unserer Medienlandschaft ergreifen. (S. 55-56)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Garant für hochwertige Inhalte im publizistischen Wettbewerb mit anderen Anbietern – online wie offline. Öffentlich-rechtliche Medien müssen ihre besondere Stellung allerdings auch selbst immer wieder rechtfertigen: durch die besondere Qualität ihres Programms ebenso wie durch die Qualität ihrer Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnisse. Zugleich setzen wir uns für eine Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen privater Fernseh- und Rundfunksender ein. Denn die Verantwortung für qualitätsvolle Angebote liegt nicht nur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern auch bei den privaten Anbietern. (S. 56)

Medienkompetenz – nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern alle Generationen – ermöglicht es, sich in einer von Medien durchdrungenen Welt zurechtzufinden. Ermöglicht und gefördert werden muss die „digitale Selbständigkeit“, die jeden in die Lage versetzt, alle Möglichkeiten der „Digitalen Gesellschaft“ möglichst selbständig nutzen und sich vor damit verbundenen Risiken gut schützen zu können. Notwendig sind hierzu die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit einem mobilen Computer und die Schaffung eines digitalen Lernumfeldes und digitalen Klassenzimmers. Das ist nur sinnvoll, wenn eine entsprechende Ausbildung der Lehrkräfte und entsprechende Bildungskonzepte zur Verfügung stehen. Dazu bedarf es auch der Digitalisierung von Schulbüchern und Lehr- und Lerninhalten und deren Zugänglichmachung im Netz. (S. 56)

Flächendeckender Zugang zu leistungsfähigen Internet-Anschlüssen

Schnelle Internetzugänge sind für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Regionen von enormer Bedeutung. Mit zunehmender digitaler Vernetzung können damit hochwertige Dienstleistungen abseits der Boom-Regionen angeboten und neue, qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen werden. Um ländlichen und strukturschwachen Regionen diese Chance zu eröffnen, sichern wir den flächendeckenden Zugang zu leistungsfähigen Internet-Anschlüssen. (S. 76-77)

Verbraucherschutz

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sicher sein vor unlauteren Geschäftspraktiken, vor dem Missbrauch ihrer Daten, vor gefährlichen Produkten und vor existenzbedrohenden Fehlentscheidungen, zum Beispiel bei der Altersvorsorge aber auch beim Immobilienkauf. Abmahnmissbrauch muss wirksam eingedämmt werden, indem der Streitwert für Urheberrechtsverletzungen im Internet im privaten Bereich begrenzt wird. Sie müssen mit ihren Bedürfnissen und Interessen ernst genommen werden. Hierzu gilt es, die Marktmacht der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Anbietern zu stärken. (S. 81)

Digitale Demokratie

Die digitale und technische Innovation eröffnet zusätzliche Mitwirkungsmöglichkeiten (z.B. durch Internetplattformen, liquid democracy und soziale Medien). Diese Möglichkeiten wollen wir aufgreifen, weiterentwickeln und sinnvoll einsetzen. Die Verwaltung soll Transparenz als Chance für mehr Vielfalt und Innovation begreifen. Gleichzeitig ermöglicht mehr Transparenz auch Kontrolle. (S. 83-84)

Wir wollen darum unsere klassisch-repräsentativen Demokratie um neue und weitergehende Formen der demokratischen Partizipation auf allen politischen Ebenen ergänzen. Eine Möglichkeit ist die Nutzung neuer digitale Technologien, zum Beispiel in Form von Online-Petitionen und -Befragungen oder Ideen-Wettbewerbe („Crowdsourcing“), wenn sie eine ermöglichende Rolle spielen. Selbstverständlich ist für uns als SPD aber auch, dabei jene Menschen mitzunehmen, die mit diesen neuen Möglichkeiten noch nicht vertraut sind. (S. 84)

Transparenz

Damit mehr Partizipation in politischen Prozessen erreicht werden kann, muss Politik und Verwaltung transparenter werden. Transparenz bedeutet dabei nicht gläserne Politiker, sondern konsequente Offenheit bei all jenen Daten, Verträgen und Verfahren, an denen öffentliches Interesse besteht. (S. 84)

Wir setzen uns deshalb auch auf Bundesebene dafür ein, nach Hamburger Vorbild das Informationsfreiheits- um ein Transparenzgesetz zu erweitern. Ziel soll es sein, möglichst alle für die Öffentlichkeit relevanten Datenbestände, Statistiken, Dokumente und sonstige öffentlich finanzierten Werke frei im Internet zugänglich zu machen. Daneben wollen wir die Ministerien für mehr Bürgerbeteiligung an Gesetzentwürfen und anderen wichtigen Vorhaben öffnen. (S. 84)